ADHS

ADHS - Übersicht:

Laut dem HBSC - Factsheet (2009) sind rund 5%  eines jeden (Schul-)Jahrgangs von ADHS betroffen. Mit  5-15% zählt ADHS zu den häufigsten Vorstellungsgründen bei Kinderärzten, Kinderpsychiatern, Erziehungsberatungsstellen, (Schul)Psychologen, etc. Lehrer und Eltern sind gleichermaßen ge- bzw. überfordert.

Andererseits gibt es auch die Meinung, dass an einem solchen Verhalten auch die Reizüberflutung unserer schnelllebigen Zeit Schuld sein könnte und ADHS als „Mode-Diagnose“ für unruhige, schwierige Kinder herhalten muss, die etwa durch den Unterricht nur unter- oder überfordert sind und mit Medikamenten „ruhig gestellt“ werden.

Heute ist ADHS eine international anerkannte Diagnose.
Es ist die Abkürzung für „AufmerksamkeitsDefizit-(Hyperaktivitäts)-Störung“ und es handelt sich dabei um eine Entwicklungsstörung der Selbstregulation.
Die Probleme treten besonders in drei Bereichen auf: Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Überaktivität. (vgl. Barkley 2011, S.43)

ADHS ist auch unter dem Namen hyperkinetisches Syndrom oder „Zappelphilippsyndrom“ bekannt. Manfred Döpfner, Professor für Psychotherapie an der Universität Köln und Experte für ADHS warnt jedoch davor, jedes lebhafte Kind gleich mit ADHS zu diagnostizieren und medikamentös zu behandeln.  

Bei ADS fehlt der Hyperaktivitäts-Anteil, solche Kinder sind häufig „Träumer“ und wirken geistig abwesend. Sie scheinen zeitweise in einer anderen Welt zu leben. Schusselligkeit, Vergesslichkeit, Stimmungsschwankungen, Verweigerungen und Trotzreaktionen sind typisch.


Was ist zu tun?

1.) Diagnosefindung:  (Quelle: Vortrag Prim. Dr. Klaus Vavrik 2011)

  • Medizinische Abklärung (Kinderärztliche interne Untersuchung; Entwicklungsneurologisch-Neuropädiatrische Diagnostik; Kinderpsychiatrische Diagnostik)
  • Psychologisch: Entwicklungs- und Begabtendiagnostik; Persönlichkeitsdiagnostik; Begutachtung von Interaktion-Bindung-Familiendynamik
  • Pädagogisch u/o Sozialarbeiterisch: Verhaltensbeobachtung; Lebenswelten des Kindes; Situative Einflüsse z.B. „life events“

2.) Bei Bedarf fakultativ zusätzliche Untersuchungen:

  • Ergotherapeutische /logopädische Begutachtung
  • Beobachtung des Sozialverhaltens in diagnostisch-therapeutischer Gruppe
  • Überprüfung von Sinnesfunktionen
  • Medizinisch-apparative Labordiagnostik wie EEG, MRI, Schilddrüsenfunktion, etc.
  • Standardisierte Fragebögen
  • Aufmerksamkeitstests sowie
  • Neuropsychologische Diagnostik

3.) Therapeutischer Stufenplan:

  • Information über Störungsbild und Behandlungsmöglichkeiten
  • „Psycho –Edukation“ von Eltern, Kind bzw. Umfeld (Lehrer/in, Kindergärtner/in)
  • Interventionen zur Verhaltensmodifikation beim Kind
  • Medikamentöse Behandlung, wenn notwendig


Kinder mit AD/H/S kämpfen damit, die vielen Reize, die sie umgeben, zu verarbeiten. Sie sind nicht absichtlich „schlimm“ oder unhöflich, wenn sie Eltern oder Lehrern nicht zuhören. Häufig haben diese Kinder noch Teilleistungsschwächen, wie Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwächen. Das führt sehr oft zu Lernproblemen, Klassenwiederholungen, Schulwechsel und im schlimmsten Fall zum Schulabbruch. Jugendliche mit unbehandelter ADHS brechen häufiger die Ausbildung ab, werden arbeitslos oder neigen zu Suchtverhalten. Daher ist es wichtig, rechtzeitig zu reagieren.

Das klingt alles sehr negativ, aber: An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass Genies wie Einstein und Mozart von ADHS betroffen gewesen sein sollen. Einige ADHS -Patienten sind hochbegabt, nur werden sie häufig nicht als solche erkannt, weil der Fokus auf dem „Fehlverhalten“ liegt. (vgl. Döpfner 2011)

Abschließend noch ein kleines „Trostpflaster“:

Kinder mit ADHS haben bestimmte Ausprägungen, die je nach Betrachtungsweise positiv oder negativ gesehen bzw. begriffen werden können:

  • Ablenkbarkeit und Sprunghaftigkeit - KREATIVITÄT
  • Überaktivität - PRODUKTIVITÄT und SCHAFFENSKRAFT
  • Impulsivität - LEBENDIGKEIT, ENERGIE, SPONTANITÄT
  • Unersättlichkeit - EHRGEIZ, LEIDENSCHAFT

Vielleicht sollten wir ADHS Kinder auch einmal durch diese Schablone begreifen!

Buchtipps/Quellen:

Barkley, Russel A. (2011): Das große ADHS-Handbuch für Eltern. Verantwortung übernehmen für Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität, 3. aktualisierte Auflage, Bern.

Bundesministerium für Gesundheit, Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Ludwig Boltzmann Institute Health Promotion Research (2009): HBSC Factsheet Nr. 4/09, Wien.

Döpfner, M. (2011): ADHS: Das Zappel-Philipp-Syndrom. Verfügbar unter: http://www.geo.de/GEO/mensch/medizin/1015.html (Abruf: 01.08.2011).

Döpfner, M./ Schürmann,S./ Frölich,J. (2007): Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten THOP; 4. vollständig überarbeitete Auflage, Basel.

Vavrik, Klaus (2011): Power Point Präsentation: Pflegeelternseminar März 2011, Wien.

Vavrik, Klaus (2005): Standards zur Diagnostik und Therapie der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung - AD(H)S im Kindes- und Jugendalter. Verfügbar unter:
www.docs4you.at/Content.Node/Spezialbereiche/Entwicklungs-_und_Sozialpaediatrie/ADHS_Standards_zur_Diagnostik_und_Therapie_Vavrik_2005.pdf (Stand: 12.09.2011)

Diese Liste könnte noch lange fortgesetzt werden…

(Verfasst von Ingrid Wallner, MBA, 2012)

 

→  Konsenspapier zum Thema ADHS (2012, pdf-Download)